Zusammenfassung der deutschen Diplomarbeit


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Marketing-Kommunikation an die schwulen und lesbischen Verbraucher

Von Dirk Sanders

Zusammenfassung der Diplomarbeit im Schwerpunkt BWL-Marketing

1. Homosexualität 7. Sprache_und_Symbole
2. Potential 8. Produkte_und_Werbeansprache
3. Ist_das_denn_wirklich_nötig 9. Medien
4. Homophobie 10. Sponsoring
5. Segmentierung 11. Resultat
6. Glaubwürdigkeit  

Segmentierung wird in vielen Bereichen des Marketing betrieben. In den letzten Jahren werden dabei auch Zielgruppen erfaßt, die einem vielleicht nicht spontan einfallen würden: Ausländer, Senioren und - Schwule und Lesben. Diese Entwicklung begann in den USA und setzt auch in Deutschland langsam - sehr langsam - ein.

Unwillkürlich kommt die Frage auf: Ist eine gezielte Werbeansprache an Schwule und Lesben notwendig? Ihr Nutzen wird oft nicht erkannt oder gar angezweifelt - nur ein Kostenfaktor. Doch selbst wenn: Wie werden Schwule und Lesben werblich angesprochen? Was ist mit der Reaktion der heterosexuellen Kunden?

Homosexualität

In den letzten Jahren wird Homosexualität immer mehr thematisiert und in vielen Bevölkerungsschichten sinkt die Angst vor dem Phänomen der gleichgeschlechtlichen sexuellen Orientierung. Während in der Antike Homosexualität noch als normal angesehen wurde, änderte sich ihr Status im Laufe der Jahrhunderte und sie wurde als Sünde, Verbrechen, Geisteskrankheit und schizoider Persönlichkeitszustand angesehen. Erst in den 80er Jahren dieses Jahrhunderts wurden biologische Hintergründe und ihre Unwillkürlichkeit weitgehend anerkannt. Dies beschränkt sich leider nur auf informationswillige Kreise.

Potential

Da Homosexualität meist immer noch ein Tabu-Thema ist, gibt es keine verläßlichen Erhebungen über den Anteil Homosexueller an der Gesamtbevölkerung. Meist lassen die Erhebungstechniken zu wünschen übrig (z.B. Größe, Struktur, Fragen, etc.). Schätzungen zufolge liegt ihr Anteil zwischen 5 und 10 % der Gesamtbevölkerung. Dieser Anteil entspricht Werten, die in den USA ermittelt wurden. Der Yankelovich MONITORâ ist dabei eine repräsentative Bevölkerungsumfrage, die nicht, wie soviele andere auf fragwürdigen Stichproben basiert. So wurde ermittelt, daß Schwule und Lesben eher eine Hochschule besucht haben, selbständig sind und in städtischem Großräumen wohnen. Heterosexuelle sind jedoch eher protestantisch, verheiratet, Eltern und leben mit minderjährigen Kindern in einem Haushalt. Die Geschlechterverteilung ist bei Homosexuellen mit 56 % "weiblicher" als bei Heterosexuellen mit 52 %. Der Einkommensunterschied (Einzel- wie Haushaltseinkommen ) zwischen Homosexuellen und Heterosexuellen ist gering, während der Unterschied zwischen den Geschlechtern sehr markant ist. Da Homosexuelle oft auch in verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften leben (42 % geben an verheiratet zu sein, was jedoch nicht einer verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaft gleichkommen muß) - auch mit Kindern -, kann hier mit einem ähnlichen Finanzpotential wie bei Heterosexuellen gerechnet werden.

Insbesondere ihr Identitätsbewußtsein, Körperbewußtsein und Interesse an Innovationen ist für Werbetreibende von Bedeutung, da sie hier als Trendsetter oder Frequent-User-Zielgruppe agieren können.

Ist das denn wirklich nötig?

Eine differenzierte Werbeansprache für Männer und Frauen ist in vielen Produktbereichen bereits akzeptiert. Doch es gibt Bereiche, in denen dies auch für Schwule und Lesben sinnvoll sein kann, da die traditionelle Werbung hier nicht ihre volle Wirkung entfalten kann:

Ein junger Mann führt eine Praline zum Mund einer jungen Frau und lächelt sie dabei verliebt an. Sie nimmt die Praline in den Mund und umschließt dabei zärtlich die Finger des Mannes mit den Lippen - verführerisch blickend.

Diese alltägliche Werbeszene dürfte auf Schwule und Lesben etwa ebensoviel Reiz ausüben, wie dieselbe Szene mit einem schwulen oder lesbischen Paar auf einen Heterosexuellen. Es kann durchaus lohnend sein, ein Kundensegment mit differenzierter Werbung auf sich aufmerksam zu machen.

Durch gegenseitigen Respekt kann die Loyalität der Kunden gewonnen werden. Dazu kann z.B. gehören, die sexuelle Orientierung und daraus resultierende Umstände zu akzeptieren. So bedeutet dies die Einbindung der Zielgruppe in Werbliche Maßnahmen und den Verzicht auf überzeichnete Stereotypen. So fällt es sofort positiv auf, wenn eine Werbekampagne Schwule und Lesben als integralen Teil der Bevölkerung reflektiert. Wegen ihrer Stigmatisierung sind Schwule und Lesben besonders loyal gegenüber denjenigen, die sie und ihre Homosexualität respektieren. Daher ist es sinnvoll, eine derartige Kundenbeziehung zu pflegen. Insbesondere was Modetrends angeht, hat die Homosexuelle Szene schon häufig eine Trendsetter-Rolle eingenommen: z.B. Levit 501, Calvin Klein-Unterwäsche, Männer-Parfums, Männer-Ohrschmuck, etc. - alles Dinge, die inzwischen von der breiten Masse der Konsumenten übernommen wurden.

Homophobie

Diese krankhafte Angst vor Homosexualität und ihre Abneigung dagegen äußert sich oft in rassistischem Verhalten. Die gesellschaftliche Stigmatisierung der Homosexualität führt auch dazu, daß sich die Mißgunst nicht nur gegen die Betroffenen richtet, sondern auch gegen Dritte, die eine Nicht-Diskriminierungspolitik verfolgen, wie z.B. einige Unternehmen.

Weibliche Homosexualität wird dabei eher toleriert als männliche. Sowohl auf sozialer Ebene (Hochzeiten) als auch auf beruflicher (Einstellung, Beförderung) müssen Schwule und Lesben oft Diskriminierungen hinnehmen. Dies führt oft dazu, daß sie ihre sexuelle Orientierung gezielt verheimlichen, um dem zu entgehen.

Viele Unternehmen fürchten sich davor, die Schwulen und Lesben wie jede andere Zielgruppe auch zu umwerben, da sie Dissonanz-Reaktionen seitens ihrer übrigen Kundschaft fürchtet. Doch auch von Seiten der Schwulen und Lesben kann es zu derartigen Reaktionen kommen, wenn Unternehmen aktiv diskriminieren.

Stereotypen, wie die Schwulen sind affektiert, modisch, wohlhabend, etc, resultieren oft daraus, daß Personen, die sich durch ein auffälliges Erscheinungsbild und Verhalten als schwul identifizieren, diese Merkmale aufweisen. Da der Großteil der Schwulen unerkannt bleibt, werden für viele Menschen diese Stereotypen zu "Erkennungsmerkmalen" für Schwule. Selbiges gilt für Lesben und den ihnen zugeordneten Stereotypen wie maskulines Erscheinungsbild und Feminismus. Leider bilden diese Stereotypen immer wieder die Grundlage für Diskriminierungen der Homosexuellen.

Segmentierung

Schwule und Lesben wehren sich dagegen, daß ihre sexuelle Orientierung als ein "Lebensstil" bezeichnet wird, da diese nicht frei wählbar, sondern unwillkürlich ist. Lebensstil jedoch ist ein Verhaltensmuster. In einem gewissen Rahmen kann jedoch davon ausgegangen werden, daß Schwule und Lesben ähnliche prägende Entwicklungserfahrungen gemacht haben, was die Entdeckung ihrer Homosexualität betrifft, zum Beispiel innere und äußere Konflikte in der eigenen Erziehung und dem sozialen Umfeld.

In ihren Verhaltensmustern sind Homosexuelle ebenso inhomogen wie Heterosexuelle auch. Dennoch kann ein Lifestyle-Ansatz gewählt werden, um die Schwulen und Lesben zu umwerben. So werden in den USA die selbstbewußten, spaß- und konsumorientierten Homosexuellen unter 40 Jahren als "Generation Q" bezeichnet. Auch wenn nicht alle Homosexuellen angesprochen werden, so wird damit doch ein Zeichen gesetzt. Bei der Wahl der Generation Q als Zielgruppe wird vermittelt: "Wir diskriminieren nicht" und "Wir sprechen dynamische Trendsetter an".

Im Rahmen einer (Mehr-)Nischen-Strategie können Schwule und Lesben ebenso wie bereits Gruppen wie Jugendliche, Senioren oder neuerdings auch Ausländer gezielt angesprochen werden. Im Tourismus-Bereich ist dies teilweise schon umgesetzt.

Da gerade Homosexuelle es gewohnt sind, mit Skepsis behandelt zu werden, ist eine auf gegenseitigem Vertrauen und Respekt aufbauende Kundenbeziehung wichtig. Das Konzept des Relationship-Marketing ist dazu eine gute Grundlage.

Glaubwürdigkeit

Das Image eines Werbetreibenden sollte immer Glaubwürdigkeit vermitteln. Diese basiert auf dem kompetenten Ansehen und der Vertrauenswürdigkeit des Kommunikators. Wenn es darum geht, Informationen über ein (neues) Produkt zu sammeln, neigen Verbraucher dazu, Personen zu vertrauen, die ihnen ähnlich sind. Werbetreibende sollten sich also für die Dinge interessieren, für die sich ihre Kunden interessieren. Dabei gilt immer, daß Werbung kongruent sein muß. Wenn eine Firma Schwule und Lesben umwerben will und im eigenen Unternehmen nicht einmal eine Nicht-Diskriminierungspolitik gegenüber sexueller Orientierung praktiziert, so ist an glaubwürdige Kommunikation nicht zu denken. Außerdem schadet man der Produktivität des Unternehmens, wenn man kein Klima hat in dem sich Schwule und Lesben zu ihrer sexuellen Orientierung bekennen können, da ein laufenden "Versteckspiel" ihre Produktivität senkt.

Sprache und Symbole

Sprache ist eine Institution, die auf die Bedürfnisse einer Kultur oder Subkultur abgestimmt ist. Da Schwule und Lesben in den Status einer Subkultur abgeschoben wurden, hat sich hier eine Szene-Sprache gebildet. Sie vermittelt eine Art Identität und kann auch von Nicht-Mitgliedern, zum Beispiel Werbetreibenden, genutzt werden. Da ein falscher Einsatz der Szene-Sprache jedoch im negativen Sinne auffällig ist, ist darauf zu achten, daß sie korrekt eingesetzt wird, aktuell ist und nicht zu intim ist.

Symbole können Aufmerksamkeit und Assoziationen erzeugen, und somit eine Werbewirkung erzielen. Verbreitete Symbole der Schwulen- und Lesbenbewegung sind die Regenbogenflagge und das Rosa Dreieck. Mittlerweile sind auch das Red Ribbon und der Männer-Ohrring verbreitet. Auch Personen können symbolische Wirkung haben. So werden z.T. schwule/lesbische Prominente auch als Sinnbilder ihrer Homosexualität wahrgenommen (z.B. Alfred Biolek, Hella von Sinnen, Martina Navratilova, etc.) - zumindest von Schwulen/Lesben. Selbst literarische Werke (z.B. Wizard of Oz) können zu Symbolen werden. Eine starke symbolische Wirkung hat auch Musik. So können Assoziationen zur schwulen/lesbischen Gemeinschaft hervorgerufen werden durch schwule/lesbische Interpreten (z.B. Jimmy Summerville, Pet Shop Boys, etc.) und schwule/lesbische 'Kultmusik'. (von z.B. Marianne Rosenberg, Abba, etc.).

Auch ist darauf zu achten, daß gewisse Konventionen ("Do's and Don'ts") eingehalten werden.

Produkte und Werbeansprache

Homosexuelle haben dieselben Bedürfnisse wie alle anderen auch. Dazu gehören auch soziale Bedürfnisse wie Zugehörigkeitsgefühl, Anerkennung oder Respekt. Kann ein Werbetreibender diese Bedürfnisse erfüllen, besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, daß ein Kaufmotiv für sein Produkt entsteht.

Um sich einer Werbebotschaft bewußt zuzuwenden, bedarf es einer Aktivierung, die z.B. durch Reize ausgelöst werden kann (ohne von der Botschaft abzulenken).

Wer sich/sein Produkt frühzeitig positioniert, hat beste Chancen, seinen Mitbewerbern gegenüber im Vorteil zu sein.

Produkte können speziell für Schwule und/oder Lesben konzipiert sein (exklusiv, z.B. Gay Tours), doch die meisten Produkte werden von Leuten jeglicher sexueller Orientierung verwendet. Es kann jedoch sinnvoll sein, Homosexuelle in die Werbeansprache einzubeziehen. Diese inklusive Ansprache kann integriert, verdeckt oder neutral sein.

Medien

Die Schwulen-Print-Presse in Deutschland läßt sich grob in Magazine und Lokalblätter unterteilen. Dort wird man für Werbung weniger Streuverluste erwarten können, als in Publikationen, die von allen gelesen werden.

"Schwules Radio und TV" ist meist noch auf kurze Sendezeiten in meist offenen Kanälen begrenzt. Hier gibt es jedoch Probleme mit der Ausstrahlung von Werbung. Daher ist hier zu empfehlen, über Editorials und Sponsoring werbend in Erscheinung zu treten.

Sponsoring

Organisationen und Events, die für eine homosexuelle Gemeinde einen hohen Stellenwert haben, können durch Sponsoring Awareness bei dieser Zielgruppe aufbauen. Neben lokalen Aktionen zu Gunsten der Aids-Hilfe oder DJ-Sponsoring können auch Großveranstaltungen wie der Christopher Street Day oder die EuroGames (Olympisches Ereignis der Homosexuellen) unterstützt werden.

Resultat

Schwule und Lesben bieten quantitativ wie qualitativ ein Kaufpotential, das es lohnend erscheinen läßt, sie gezielt zu umwerben. Um dies effizient zu betreiben sollte ihre Struktur jedoch marktforscherisch weiter aufgeschlüsselt werden. So könnten auch effiziente Adressenlisten entstehen.

Die deutschen Homosexuellen dem amerikanischen Beispiel folgen sollten, Präsenz zu zeigen und damit die Furcht vor dem Fremden zu reduzieren.

Werbetreibende sollten durch ihr Verhalten zu einer Reduzierung der Diskriminierung beitragen. So sollte Marketing-Kommunikation in erster Linie Schwule und Lesben in die Werbung integrieren.


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